In ihrer Eröffnung der „bidt Konferenz“ 2025 machte die bidt-Direktorin Professorin Hannah Schmid-Petri deutlich, wie sich in der Nutzung von KI-Systemen sowohl Abhängigkeit als auch Vertrauen zeigen können: Frage man zum Beispiel ChatGPT nach aktuellen Nachrichten, sei man abhängig von der Information zu einem Ereignis, das man meist nicht selbst erlebt hat. Zudem sei es in der Regel schwer nachvollziehbar oder kontrollierbar, was in dem KI-System abläuft – zugleich bestehe jedoch der Wunsch, dem Ergebnis vertrauen zu können.
Aus normativer oder gesellschaftlicher Perspektive wäre es natürlich sehr wünschenswert, dass wir das alles schaffen: die KI-Systeme und auch die Rahmenbedingungen so zu gestalten und zugleich die Menschen so zu befähigen, dass ein angemessenes Vertrauen entsteht – also Vertrauen, das weder naiv ist, auch nicht misstrauisch, sondern angemessen.
Prof. Dr. Hannah Schmid-Petri
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So Schmid-Petri, Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Mensch und generative Künstliche Intelligenz: Trust in Co-Creation“ am bidt. Blindes Vertrauen in KI sei natürlich gefährlich. „Genauso gefährlich ist aber ein grundloses Misstrauen, da dies technischen Fortschritt behindern oder Innovationen ausbremsen kann“, betont sie.
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Forschungsschwerpunkt Generative KI
Bundesforschungsministerin Bär: Verständnis für digitalen Wandel fördern
Wir brauchen Vertrauen in neue Technologien, Vertrauen in sichere Kommunikation und Vertrauen, dass Informationen auf Tatsachen beruhen und keine Fakes sind.
Dorothee Bär, MdB
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So Dorothee Bär, Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, in ihrem Videogrußwort zur Konferenz. Dabei betonte Bär, wie wichtig es sei, dass sich das bidt mit den großen Fragen rund um den digitalen Wandel beschäftige und das Verständnis dafür fördere. Das stärke die Chancen auf Innovation und ziele in dieselbe Richtung wie Deutschlands Hightech-Agenda. Vertrauen werde auch dadurch geschaffen, dass technischer Fortschritt „klare Leitplanken“ habe und ethische Dimensionen bedacht würden. „Fortschritt ist nie allein nur technisch“, so die Ministerin.
Videobotschaft der Bundesministerin Dorothee Bär. © bidt/Klaus D. Wolf
Bayerns Wissenschaftsminister Blume: Sich neue Technologien durch Handeln aneignen
Der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume machte in seiner Eröffnungsrede deutlich, dass der Ausdruck „digitaler Wandel“ aus seiner Sicht die Dynamik der Entwicklung nicht ausreichend beschreibe; er sprach stattdessen von einer „Veränderungsbrutalität unseres digitalen Zeitalters“. Vertrauen tue not – es sei elementar für eine stabile Demokratie. Er sei der Überzeugung, dass Vertrauen in neue Technologien durch eigenes Tun und Machen entstehe.
Es ist wie beim Autofahren: Wer selbst das Steuer in der Hand hält, hat ein anderes Gefühl von Kontrolle und Sicherheit, als wenn er nur passiv auf dem Beifahrersitz sitzt. Nur wenn wir Technologien verstehen und beherrschen, kann sich ein Urvertrauen entwickeln.
Markus Blume, MdL
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Blume betonte, dass Staat, Wissenschaft und Unternehmen an einem Strang ziehen und über den eigenen Wirkungskreis hinausblicken müssen – ein Anspruch, den Bayern mit der Hightech-Agenda verfolgt und den er auch im bidt sieht: „Es ist unser digitaler Vordenker, es denkt interdisziplinär und vernetzt – hier trifft Philosoph auf Programmierer, Ethiker auf Entwickler. Herzlichen Dank dafür“.
Eröffnungsrede des Bayerischen Wissenschaftsministers Markus Blume. © bidt/Klaus D. Wolf
bidt-Direktor Pretschner: Gesellschaftlich relevant in digitaler Transformation
Professor Alexander Pretschner, Sprecher des bidt-Direktoriums, hob die Bedeutung von Gestaltung im digitalen Umbruch hervor:
Digitalisierung ist erst dann erfolgreich, wenn neue Prozesse auf neuen Datenin neuen Geschäftsmodellen und neuen Anwendungsgebieten definiert werden.
Prof. Dr. Alexander Pretschner
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Statt einer bloßen Digitalisierung bestehender Prozesse gehe es um Transformation. Vertrauen müsse daher in Kontexten geschaffen werden, „die wir noch nicht kennen“. Das bidt, das als Forschungsinstitut ein Verständnis der sich gerade vollziehenden Veränderungen schaffe und zur Versachlichung der Debatte beitragen wolle, gestalte die Digitalisierung aber auch praktisch mit. Ein Beispiel dafür sei das KI-Assistenzsystem OneTutor, über das Studierende anonym zu Inhalten einer Vorlesung Fragen stellen und sich über Quizze selbst befragen lassen können. Das sei auch für die Lehrenden ein Rückkanal, um die Bedürfnisse der Studierenden besser erkennen und darauf eingehen zu können. Inzwischen nutzen mehr als 16.000 Studierende die KI-Plattform, deren Wirksamkeit am bidt untersucht wird.
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Effektivität generativer KI-Tutoren in der Hochschullehre (AIffectiveness)
Das bidt-Digitalbarometer 2025
Eine umfassende Studie zum digitalen Wandel ist das regelmäßig vom bidt durchgeführte „Digitalbarometer“. In der Präsentation der neuen Ergebnisse betonte Studienleiter Dr. Roland A. Stürz zunächst die ausgeprägte Technikoffenheit der Bevölkerung in Deutschland. Zugleich macht die Studie deutliche Kompetenzunterschiede sichtbar – je nach Alter, Bildung und Einkommen. Der Bericht zeichnet damit ein differenziertes Bild des digitalen Wandels und liefert Ansatzpunkte für passgenaue Förder- und Weiterbildungsangebote.
Zur Studie
bidt-Digitalbarometer 2025: Digitale Kompetenzen im Alltag unerlässlich
Nida-Rümelin zu KI: Mensch bleibt in der Verantwortung
bidt-Direktor Professor Julian Nida-Rümelin klärte den Begriff des Vertrauens aus philosophischer Sicht, arbeitete den Unterschied zwischen Personen und KI-Systemen heraus und gelangte zu der These: Wenn KI nicht über personale Eigenschaften verfüge, sei genuines Vertrauen in KI nicht gerechtfertigt. Auch KI als Kooperationspartner zu sehen, wäre seinen Ausführungen nach problematisch – denn was würde daraus folgen? Gleichberechtigung oder gar ein Recht auf Leben? Letztlich bleibe der Mensch in der Verantwortung und solle KI als Werkzeug für menschliche Zwecke einsetzen.
Was bleibt? Die technologische, ökonomische, politische und kulturelle Verantwortung von Menschen, Künstliche Intelligenz so zu entwickeln und einzusetzen, dass ihr Verhalten bestimmte humane Grundwerte nicht gefährdet wie informationelle Selbstbestimmung der Menschen, personale Autonomie, Kooperationsfähigkeit zwischen Menschen, Gleichbehandlung, Rücksichtnahme und vielleicht das Allerwichtigste: Gestaltbarkeit der menschlichen Lebensbedingungen unter Einsatz dieser ganz komplexen und dynamischen, faszinierenden Instrumente – digitale generell, Künstliche Intelligenz speziell.
Prof. Dr. Dr. h.c. Julian Nida-Rümelin
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An das Tool „Künstliche Intelligenz“ stellt der Philosoph Anforderungen wie predictability, transparency, privacy, interpretability, reliability, security und safety – ohne Mystizismus, ohne technische Produkte zu personalisieren, unter Anerkennung, dass allein der Mensch letztlich Verantwortung trägt. „Ohne diese Überzeugung bin ich skeptisch, dass diese technologische Dynamik ein gutes Ende hat“, sagte Nida-Rümelin. „Wir dürfen uns nicht selbst entmachten.“
Von Justiz bis Werbebranche: Auswirkungen auf Gesellschaft und Arbeit
In weiteren Vorträgen und Diskussions-Panels wurden Verwendung und Herausforderung durch KI in gesellschaftlichen Bereichen wie Justiz, Medizin, Medien, Bildung und Arbeitsleben inklusive Kreativbranche diskutiert. Als besonders komplexer und zugleich sensibler Bereich erwies sich die Justiz. „KI im Bereich der Justiz ist mit Vorsicht zu genießen“, sagte Dr. Anke Morsch, Präsidentin des Finanzgerichts des Saarlandes und Vorsitzende des Deutschen EDV-Gerichtstags, im Panel des ersten Tagungsabends. In der Justiz werde der Einsatz von KI geprüft und teils bereits erprobt – etwa zum Strukturieren von Akten oder für Textbausteine. Insgesamt erfolge dies jedoch mit großer Vorsicht, da in diesem Bereich Verlässlichkeit und Fehlerfreiheit höchste Priorität hätten. Letztlich entscheide der Mensch.
Sehr konkret und praktisch diskutierten Teilnehmende aus der Verlags- und Kreativbranche, wie KI ihre Arbeit verändert. Der Verlag Oberfranken, bei dem inhaltliche Korrektheit und Vertrauen der Kundinnen und Kunden oberste Priorität hätten, setze KI-Tools „in erster Linie produktionsunterstützend“ ein, wie CEO Eva-Maria Bauch sagte. Damit werde mehr Zeit frei für Kreativität.Götz Ulmer von der Werbeagentur David+Martin stellte fest, dass KI-erzeugte Bilder einen sich ähnelnden Look hätten und zur Kreativität die Andersartigkeit dazugehöre. Die Aufgabe sei also: „Wie erzähle ich so spannend und neu, dass es wieder relevant ist?“ Dabei gestand Ulmer zu: „Meistens wird ja dann doch nur der Durchschnitt gewünscht – und das wird die Maschine liefern können.“
Burchardt: Gesellschaftlicher Wandel zu mehr Menschlichkeit?
„Wollen wir KI vertrauen? Oder wollen wir KI eigentlich kontrollieren?“, fragte Dr. Aljoscha Burchardt vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Für Burchardt passte das Wort „Vertrauen“ für die Interaktion mit KI nicht so recht. Statt Mensch versus KI nimmt er Mensch und KI gemeinsam in den Blick als „soziotechnisches System“, also zum Beispiel Arzt und Maschine.
Das soziotechnische System ist für mich die größere Frage als trustworthy AI – trustworthy Eco System, wenn man so will.
Dr. Aljoscha Burchardt
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Darüber hinaus entwickelte er an dem Scheidepunkt, wie man mit oder ohne KI leben wolle, die „sozialromantische“ Idee, das Hamsterrad des alltäglichen Lebens hinter sich zu lassen, sich auf Werte zu besinnen und in der Gesellschaft zu mehr Menschlichkeit zu finden.
Das Beste kommt zum Schluss: Die bidt Konferenz in Memes
Zum Abschluss übersetzten Journalist Dirk von Gehlen (SZ Institut) und Juristin Fay Carathanassis (bidt) die beiden Konferenztage in eine „Meme-Collage“. Memes sind geteilte Bilder, GIFs oder kurze Videos mit kurzem Text, die Stimmungen humorvoll verdichten und Anknüpfungspunkte schaffen – von Gehlen beschrieb sie als „die Ohrwürmer des Internets“. Mit aus der Meme-Kultur bekannten Motiven resümierten die beiden Vortragenden Organisation und Inhalte der „bidt Konferenz“ 2025 im Sinne des Leitmotivs „Echt?! Vertrauen im digitalen Wandel“. Ein unterhaltsamer Schlusspunkt, der zeigte, wie digitale Kultur komplexe Themen zugänglich macht und Vertrauen über geteilte Codes stiften kann.
Fazit: „Echt?! Vertrauen im digitalen Wandel“
Die „bidt Konferenz“ 2025 zeigte ein breites Spektrum an Formaten und Perspektiven – von wissenschaftlichen Keynotes über Panels bis zu Praxisimpulsen und einem interaktiven Rahmenprogramm. Über alle Beiträge hinweg wurde deutlich: Künstliche Intelligenz ist kein Selbstläufer, sondern ein Werkzeug für Ko-Creation. Sie erweitert Handlungsspielräume, ersetzt aber nicht die fachliche Beurteilung, Verantwortung und Gestaltungsleistung des Menschen. Vertrauen in KI entsteht dort, wo Transparenz, Governance und Kompetenzen zusammenkommen. Die Konferenz zeigte damit konkrete Leitplanken auf: Erfolgreiche digitale Transformation gelingt, wenn Menschen und KI gemeinsam arbeiten und gestalten – mit klaren Zielen, verlässlichen Rahmenbedingungen und einer Kultur der reflektierten Anwendung.
Ausgewählte Highlights
Video
Best-of-Video der bidt Konferenz 2025
Studie
Das bidt-Digitalbarometer 2025
Forschungsschwerpunkt
Forschungsschwerpunkt Generative KI
Programm
Das Programm der bidt Konferenz 2025 im Überblick (PDF)
Bildergalerie
© bidt/Klaus D. Wolf
Der Beitrag Vertrauen im digitalen Wandel: Eindrücke von der bidt Konferenz 2025 erschien zuerst auf bidt DE.
