Kreativ durch Bewegung

Bewegung hilft, kreativ zu denken. Diese Erkenntnis ist über 2000 Jahre alt – schon die Philosophen im antiken Griechenland wussten davon.
Was aber steckt aus wissenschaftlicher Sicht hinter dem Zusammenhang zwischen Bewegung und Kognition? Was passiert bei einem Spaziergang im Gehirn? Sind Menschen, die sich kaum bewegen, weniger kreativ?
„Unsere Forschung zeigt, dass es nicht die Bewegung an sich ist, die uns hilft, flexibler zu denken“, sagt die Neurowissenschaftlerin Dr. Barbara Händel von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Verantwortlich dafür sei stattdessen die Freiheit, selbstbestimmte Bewegungen auszuführen.
Demnach können auch kleine Bewegungen im Sitzen dieselben positiven Effekte auf das kreative Denken haben. Konkrete Bewegungsvorschläge leitet die Forscherin aus ihrer Arbeit aber nicht ab: „Das Wichtige ist, dass die Freiheit da ist, sich ohne externe Vorgaben zu bewegen.“
Nicht zu lange auf kleine Bildschirme starren
Wichtig sei es auch, dass die Bewegung nicht unterdrückt oder in regelhafte Bahnen gezwungen wird. „Das passiert aber leider, wenn der Mensch seinen Fokus zum Beispiel auf einen kleinen Bildschirm richtet“, erklärt die JMU-Forscherin.
Die vermehrte Nutzung von Handy & Co – auch im Bereich der Bildung zu Zeiten der Corona-Pandemie – könne sich daher negativ auf kognitive Prozesse wie die Kreativität auswirken.
Die Experimente, mit denen Barbara Händel und ihre Doktorandin Supriya Murali, das herausgefunden haben, sind detailliert in einer aktuellen Publikation im Fachmagazin Psychological Research beschrieben.
Publikation
Murali, S., Händel, B. Motor restrictions impair divergent thinking during walking and during sitting. Psychological Research (2022), Open Access: https://doi.org/10.1007/s00426-021-01636-w
Hintergrund
Wie nimmt der Mensch seine Umwelt wahr? Was bewirken die Sinnesreize im peripheren Nervensystem, was im Gehirn? Welchen Einfluss haben Körperbewegungen auf die Wahrnehmung von Sinnesreizen? Für solche Fragen interessieren sich Forschende wie Barbara Händel aus vielen Gründen. Langfristig könnten ihre Erkenntnisse dazu beitragen, Krankheiten besser zu verstehen, bei denen die Körperbewegung oder Wahrnehmungsprozesse gestört sind.
Ab Februar 2022 führt die Wissenschaftlerin ihre Forschung in der Neurologischen Klinik des Würzburger Universitätsklinikums weiter. Dort will sie sich auf die Themen Parkinson und ADHS konzentrieren.
Die Arbeiten von Barbara Händel werden aus einem Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) gefördert. Diese mit 1,5 Millionen Euro dotierte Auszeichnung vergibt der ERC an exzellente junge Forschende.
Kontakt
Dr. Barbara Händel, Institut für Psychologie, Universität Würzburg, T +49 931 31-84194, barbara.haendel@uni-wuerzburg.de